Ein Bundesrat schnuppert Kräuterduft

Grosse Ehre am Nationalfeiertag für die Familie Theiler und die Gemeinde Hergiswil: Bundesrat Johann Schneider-Ammann liess sich über den Kräuteranbau informieren, brunchte mit der Bevölkerung und hielt eine Rede.

Peter Helfenstein

Punkt 08.45 Uhr und bei idealem 1.-August-Wetter traf Bundesrat Johann Schneider Ammann mit seinem Konvoi auf dem Kräuterhof Unter-Sack der Familie Theiler ein. Zuvor wurden er und seine Crew mit einem Super Puma der Schweizer Armee nach Willisau geflogen. Alphornklänge gaben dem Empfang einen festlichen Anstrich. Kräuterbauer Martin Theiler führte Bundesrat Johann Schneider-Ammann und die geladenen Gäste zur Trocknungsanlage, um ihnen die Entwicklung des Kräuteranbaus auf seinem Hof spannend vor Augen zu führen. Unterwegs zum Kräuterfeld wurde die moderne Kräutermähmaschine bestaunt. Johann Schneider-Ammann zeigte grosses Interesse an den Kräutern und stellte immer wieder Fragen, welche Martin Theiler und Vertreter der Ricola AG kompetent beantworteten. Martin Theiler betonte, wie wichtig das Funktionieren der Unterstützung durch seine Familie sei.

Der Rundgang im Kräutergarten
Die Führung durch den Kräutergarten übernahm der Seniorchef und Kräuterpionier Alois Theiler. Hier durfte der Bundesrat viel Interessantes über allerlei Kräuter erfahren: So wachsen im Kräutergarten 110 Sorten, von denen 13 Sorten für die Ricola AG angebaut werden. Aus der Hand von Martin Theiler durfte der Bundesrat eine Auswahl an Tees und Sirupen als Geschenk entgegennehmen.

Im Kräutergarten: Alois Theiler (links), Bundesrat Johann Schneider-Ammann und Martin Theiler.

Bild Peter Helfenstein

Der reichhaltige 1.-August-Brunch
Den reichhaltigen und schmackhaften Brunch, den das Chrüter-Chrüz organisierte, genoss der Bundesrat zusammen mit den Gästen und zahlreichen Besucherinnen und Besuchern an den von Josef Mahnig wunderschön dekorierten Tischen. Moderator Stefan Schärli kündigte die Rede von Johann Schneider-Amman mit einem kleinen Scherz an: Er habe am Vortag gerne gehört, dass Bundesrat Schneider-Ammann Luzern als zweitschönste Stadt der Schweiz bezeichnet habe. Schliesslich sei noch der Besuch nach Hergiswil angestanden.

Der Appell fürs Miteinander
Dann trat der Bundesrat vor die rund 180 Personen und hielt seine mit Spannung erwartete Rede. Unter den Gästen weilten Raphael Richterich, Verwaltungsrat der Ricola, die Ständeräte Konrad Graber und Damian Müller, die höchste Luzernerin, sprich Kantonsratspräsidentin Hildegard Meier, und der Präsident des Schweizer Bauernverbands, Nationalrat Markus Ritter. Und männiglich war gespannt, ob der Bundesrat zur Landwirtschaft etwas sagte. Schneider-Ammann zeigte sich beeindruckt von der Art Landwirtschaft, wie sie auf dem Kräuterhof betrieben wird. Nichts von Riesentraktoren und Bodenbelastung, sondern einfach Blümchen, bei denen man die einzelnen Blüten täglich zupft. Handarbeit und Feinstmechanik, welche offensichtlich erfolgreich ist. Bundesbern und der Schweizer Bauernverband müssten in einem vernünftigen Stil gemeinsam Fragen der Landwirtschaft angehen, sagte der Bundesrat. Es gelte, miteinander um gute Lösungen zu ringen. «Wir wollen auch in Zukunft produzieren und den Eigenversorgungsgrad hochhalten», hielt Schneider-Ammann fest. Wir müssen in unserem Land der Landwirtschaft jederzeit eine Million Hektaren landwirtschaftliche Nutzfläche zur Verfügung stellen können.»

Bundesrat Johann Schneider-Ammann bei seiner Ansprache, rechts Bundesweibel Kurt Kneubühler.

Bild Peter Helfenstein

Die besonderen Geschenke
Bei speziellen Gelegenheiten übergebe er jeweils ein Geschenk. Diesmal brachte er Etuis mit der Aufschrift «Napf-Kräuter – Natur pur. 1. August 2018 – Johann Schneider Ammann – Bundesrat» mit. In jedem Etui befand sich eine Taschenlampe. «Damit ihr auch in der Nacht Kräuter suchen gehen könnt», meinte der Magistrat bei der Übergabe an die Familie Theiler. Nebst weiteren Personen überreichte der Bundesrat zuletzt Gemeindepräsident Urs Kiener ebenfalls ein Etui. «Kollektiv für alle Kräutergemeinden, die wir in diesem Land haben.»
Der Hergiswiler Gemeindepräsident Urs Kiener stellte die Landwirtschaft ins Zentrum seiner Rede. Er schenkte dem Bundesrat einen Apfelbaum. Ein Geschenk mit viel Symbolkraft. Damit die Landwirtschaft gedeiht und Früchte trägt, brauche es nicht nur innovative Bauernfamilien, sondern auch verlässliche Rahmenbedingungen. «Der Apfelbaum soll Sie immer wieder daran erinnern, dass Landschaft gleich Landwirtschaft und Landwirtschaft gleich Volkswirtschaft ist», hielt Kiener fest.
Der Apfelbaum bekomme einen Ehrenplatz, sagte der Beschenkte. Er habe einen «Hoschtet» vor seinem Haus in Langenthal. Dort stehen bereits zwei Apfelbäume, die seinen Kindern gewidmet sind. «Zu diesem Duett lasse ich zu Ehren des heutigen 1. August bei euch den dritten Baum pflanzen.»

Die unerwartete Einlage
Moderator Stefan Schärli erfuhr auf Umwegen, dass Johann Schneider-Ammann statt Bundesrat beinahe Bergführer geworden wäre. Er forderte den Bundesrat auf, bei einem seiner Lieblingslieder mitzusingen. Unterstützt von der Besucherschar erklang das Lied «Bergvagabunden».

Die Ricola AG in Laufen
Verwaltungsrat Raphael Richterich erzählte in seiner Rede, dass sein Urgrossvater 1930, der Bäcker und Konditor Emil Richterich, ein Confiseriegeschäft in Laufen gründete. 1940 erfand er die berühmte 13-Kräutermischung. Das war die Geburtsstunde des Ricola-Originals, des Schweizer Kräuterzuckers.  In Laufen werden jährlich rund 7 Milliarden Bonbons produziert, das heisst, ungefähr eines für jeden Erdenbürger. Die Rezeptur ist bis heute ein gut gehütetes Geheimnis. Kein Geheimnis ist, aber genauso wichtig für den weltweiten Erfolg: Sämtliche Kräuter werden von Schweizer Kräuterbauern wie der Familie Theiler angebaut.
Das Zentrum verarbeitet pro Jahr 250 Tonnen getrocknete Kräuter. Die Firma Ricola exportiert rund 90% ihrer Produkte in über 50 Länder. Ihre umsatzstärksten Export-Märkte sind die USA, Deutschland, Frankreich und Italien. «Und natürlich freuen wir uns auch über jede Schweizer Konsumentin und jeden Schweizer Konsumenten, die ein Ricola-Bonbon geniessen – vielleicht ja auch im Sitzungszimmer des Bundesrats in Bern», meinte Raphael Richterich.

Die Stimmen zum 1.-August-Brunch
Gemeindepräsident Urs Kiener: «Ich ziehe ein sehr positives Fazit aus der Veranstaltung. Grossartig, mit welcher Herzlichkeit die Familie Theiler und die Tourismusgruppe gearbeitet haben. Chapeau! Mich hat es beeindruckt, wie Bundesrat Johann Schneider-Ammann die Nähe zum Volk, aber auch zu Markus Ritter, gesucht hat. Es hat mir gefallen, als der Bundesrat sagte, es sei das Ziel, miteinander Lösungen zu erarbeiten. Besonders gefiel mir die Geste, als er Markus Ritter nach vorne rief, um mit ihm zu singen. Das finde ich grossartig, wenn man zusammen singt.»

Ständerat Damian Müller: «Es war für uns Ständeräte ein sehr interessanter Besuch, weil wir einen Einblick ins Landwirtschaftsleben von einer anderen Seite hatten. Mit dem Kräuteranbau sieht man auch die Diversifizierung der Landwirtschaft. Wir müssen nicht nur immer über die Milchproduktion und übers Jammern sprechen. Wir haben gesehen, wie innovativ die Bauern heute sind und das gilt es zu unterstützen. Weil ich aus dem Seetal komme und der Brunch auf einem Kräuterhof stattfand, habe ich erfahren, dass Hergiswil das Kräuterdorf ist. Man muss klar festhalten, dass im Kräuteranbau extrem viel Arbeit dahintersteckt und das Jäten nicht jeder und jedem gegeben ist. Darum habe ich gerne zur Kenntnis genommen, dass Frauen ein besseres Jäte-Verständnis als Männer haben. Es war ein sehr schöner Anlass, den ich gerne nach aussen tragen werde.»

Franz Wermelinger, Hergiswil Tourismus: «Ich ziehe ein sehr positives Fazit. Es hat eigentlich alles funktioniert, sogar das Wetter war besser als wir gedacht hatten. Es war etwas weniger warm und die Gäste waren sehr zufrieden. Wie ich hörte, wurde nur gerühmt, vor allem natürlich der Brunch und die ganze Ambiance. Der «Chrampf» hat sich gelohnt! Wir waren sehr froh, dass der Wirt vom Chrüter-Chrüz den Brunch organisierte. Er hat es sehr gut gemacht.»

Anton Wermelinger, Besucher: «Es war ein eindrücklicher Anlass. Es war schön, so nahe bei diesen prominenten Personen zu sein, die bei uns viel Macht haben. Sie sehen die Probleme, welche vorhanden sind und nehmen diese in den politischen Alltag mit. Es ist schön, dass man bereit ist, zum kleinen Volk hinauszugehen und merkt, wo der Schuh drückt. Und letztendlich sieht man, dass man bei uns miteinander arbeiten muss, sei es in der Politik oder der Kräuterbauer mit der Ricola. Immer ist man aufeinander angewiesen.»