Aus Treppentritten wurden Tischplatten

Die vier neuen Tischplatten in der Gaststube des Gasthauses zum Kreuz dienten während 110 Jahren als Treppentritte im alten Schulhaus und späteren Gemeindehaus.

Peter Helfenstein

Der Hergiswiler Wirt Urs Niederhauser vom Gasthaus zum Kreuz hat zusammen mit der Kreuzgenossenschaft aus Holz der Treppe im Gemeindehaus von der Firma Paul und Andreas Furrer in Sarnen wunderbare Tische anfertigen lassen. Der Unterbau stammt von den alten Tischen, die bereits in der Gaststube standen. Diese Tische wurden von der Firma Horgener Glarus hergestellt, deren Inschrift im Gusseisen des Tischunterbaus verewigt ist. Laut Furrer war das Eichenholz, als es geschlagen wurde, rund 150 bis 200 Jahre alt. Dann diente es während ziemlich genau 110 Jahren als Treppe. Gar vieles hörten diese Treppenstufen, als sie während 60 Jahren von Schülern und Lehrpersonen betreten wurden und während 50 Jahre Jahren von Mitarbeitenden der Gemeindeverwaltung und von Bürgerinnen und Bürgern benutzt wurden.

Kulturretter und Recycler
Die Firma Antiquitäten/Antikholz Furrer sieht sich sowohl als Kulturretter als auch als Recycler. Als sie vor 20 Jahren begann, aus Abbruchholz Tische herzustellen, zeigten ihnen die Leute im Dorf den Vogel. Heute werden sie bestaunt. Sie bekommen Aufträge aus Italien, Österreich und Frankreich, denn das Rustikale erlebt derzeit eine Wiedergeburt.

Erstklassiges Eichholz
Der gelernte Zimmermann Andreas Furrer vermutet, dass die Eichen zwischen 150 und 180 Jahre alt waren, als sie gefällt wurden. Wahrscheinlich wuchsen sie im Nollental. Das erstklassige Holz der Treppenstufen war auf der Unterseite handgehobelt. Damit die Tischplatten dem Gastro-Standard entsprechen, wurden sie mit einem Zweikomponenten-Lack behandelt. So lassen sich die Tische sauber reinigen.

Gasthaus zum Kreuz

Wunderbarer Eichentisch mit Horgener Glarus Metall-Untergestell in der Gaststube des Kreuzes.

Bild Peter Helfenstein

Zimmerbrand anno 1917
Die Tische präsentieren nun auf der Oberseite die handgehobelte Originaloberfläche der Untersicht der Tritte. Die Fläche ist, weil sie rustikal ist, nicht ganz plan und weist deshalb unregelmässige Stellen auf. Ursprünglich waren die Treppentritte überall 52 Millimeter dick. Beim Abbruch stellte sich heraus, dass die Bretter im unteren Bereich der Treppe nur noch 48 Millimeter dick waren. Grund: Am Mittwoch, 14. März 1917 morgens um 04.00 Uhr ereignete sich im Handarbeitsschulzimmer, veranlasst durch Nichtausschaltung des elektrischen Glätteeisens, ein Brandfall. Das Zimmer befand sich im 1. Obergeschoss des heutigen Gemeindehauses, also dort, wo bis anhin die Gemeindeversammlungen stattfanden. Bei der Bekämpfung des Brandes wurden die unteren Treppentritte durch das Schuhwerk der Feuerwehrleute beschädigt. Nach dem Brandfall wurden die beschädigten Treppentritte renoviert und um vier Millimeter herunter gehobelt. Die Dicke der Tischplatten beträgt nun 36 beziehungsweise 40 Millimeter. Je zwei Tischplatten messen 1700x90 Millimeter und je zwei Tischplatten 1200x90 Millimeter.
In Zukunft wird es den ehemaligen Treppenstufen bestimmt nicht langweilig, denn auch als Wirtshaustische werden sie viele Gespräche mithören. So gesehen hat sich für die Treppentritte nicht allzu viel geändert.