Am Sonntag, 21. Mai, feierte Martha Meinen-Minder, «St. Johann», früher Schibach, Geburtstag. Sie kam vor 90 Jahren als Sonntagskind zur Welt. Sie strickt gerne – jedoch ohne dabei fernzusehen. «Das lenkt nur ab», sagt sie.
Peter Helfenstein
Die Jubilarin weiss es nur von ihrer Mutter, die habe immer gesagt, dass sie an einem Sonntag geboren wurde. Ob es wirklich stimme, könne sie nicht garantieren. Heutzutage ist es kein Problem, das herauszufinden. Ein Griff in eine Vestontasche und nach einigen Eingaben auf seinem Handheld bestätigt Gemeinderat Markus Kunz: «Jawohl, der 21. Mai 1916 war ein Sonntag.»
Der Gemeinderat und der Gemeindeschreiber besuchten die Jubilarin am Montag nach ihrem Geburtstag im «St. Johann». Im Namen des Gemeinderates und der ganzen Gemeinde gratulierte ihr Gemeindepräsident Beat Thalmann zum hohen Geburtstag. Mit grosser Freude könne er feststellen, dass Martha Meinen bei bester Gesundheit sei. Im Gegensatz zu früher, als sie im Nollental wohnte, begegne man der rüstigen Frau gelegentlich im Dorf und könne mit ihr ein paar Worte wechseln. Es freue ihn, dass Martha Meinen seit 2002 Gast im «St. Johann» sei und er hoffe, dass es ihr hier gut gefalle. «Jo, jo, es esch rächt do», kommentierte sie.
In kinderreicher Familie aufgewachsen
An ihrem Dialekt an merke man, dass sie keine Hinterländerin sei. Trotzdem wuchs sie nicht weit von hier auf, wusste der Gemeindepräsident zu berichten. «Martha Meinen kam als drittes Kind und erstes Mädchen von insgesamt 13 Kindern in Wyssachen BE auf die Welt», sagte Thalmann. «Von 14», korrigierte die Jubilarin, «es waren sieben Buben und sieben Mädchen.» Da der Gemeindepräsident nicht recht wusste, ob ihr Vater mehr Bauer oder Schmied war, erklärte die Jubilarin: «Beides zusammen ist er gewesen. Er hatte zwei Kühe und ist in erster Linie Hufschmied gewesen.» Heute leben noch eine Schwester und fünf Brüder der Jubilarin. Ihr ältester Bruder sei 92 und der jüngste 72.
Nach ihrer Schulzeit sei sie «go diene», wie man früher sagte. Zuerst habe sie bei einem Bauer im Baselbiet gedient und nachher in Herzogenbuchsee bei einem Metzger. Dann musste sie in ihr Elternhaus zurück, weil ihre Mutter nach der Geburt ihres 14. Kindes gestorben sei. Sie hätte eine Infektion an der Brust gehabt und früher gab es kein Antibiotikum dagegen.
Aus der Ehe mit Ruedi Meinen vom Schibach entsprangen vier Buben und zwei Mädchen. Heute hat Martha Meinen 14 Grosskinder und sechs Urgrosskinder.
Stricken ist ihre Lieblingsbeschäftigung
Auf die Einladung des Gemeindepräsidenten, dass die Jubilarin noch ein bisschen von früher erzählen solle, meinte diese lakonisch: «Da gibt es nicht viel zu erzählen.» Indem er ihr nochmals alles Gute wünschte, übergab er der Jubilarin das obligate Kärtchen vom Gemeinderat, Walter Grüter hatte ihr bereits beim Kommen ein Blumenarrangement überreicht. Anna Christen überreichte der Jubilarin ein leichtes Geschenkpaket und meinte, dass es nicht schwierig gewesen sei, ihr etwas zu schenken. Selbstverständlich hätte sie Sockenwolle gekauft und da im November im «St. Johann» wiederum Bazar sei, können die Gemeinderäte dort schöne Socken kaufen. «Ich lasse mich gerne überraschen, ob dann die Herren Gemeinderäte am Bazar meine gestrickten Socken kaufen», meinte die Jubilarin.
Ohne Reichtum durchs Leben
Nach der Tischrede des Gemeindepräsidenten erzählte dann die Jubilarin bei einem Glas Rotwein doch noch Interessantes von früher. Alle ihre Brüder seien Hufschmiede gewesen, hätten aber keine eigentliche Lehre gemacht. Auch sie und ihre Schwestern, mit einer Ausnahme, hätten keine Lehre machen können. Das sei damals einfach so gewesen.
1944 sei sie in den Schibach gekommen und im Herbst 1957 seien sie ins Schibach Neuhaus gezügelt. Die Zimmereiarbeiten hätte Alois Hodel vom Feldmätteli gemacht. Man habe sehr bescheiden gelebt, hätte keine Kassenbüchlein gehabt, aber man sei nicht verlumpt und sei niemandem etwas schuldig geblieben.
Früher hätten sie in den «gächen Högern» Kartoffeln angepflanzt, denn man konnte nicht auf der faulen Haut liegen. Ausser Landes sei sie mit Ausnahme eines kurzen Abstechers bei einer Reise nie gekommen, aber das vermisse sie nicht. Geld hätten sie keines gehabt und wenn man gemeint habe, es sei jetzt wieder etwas besser, habe man ein Kind gehabt, welches ein Bein brach oder eine Blinddarmentzündung hatte. Dafür musste man selber schwitzen, denn es gab damals noch keine Krankenversicherung. Wenn ein Pferd oder ein Mutterschwein verendete, wurden die Kadaver vergraben, und sie erhielten von niemandem etwas. Solche Rückschläge hätten sie erneut in Rückstand gebracht.
Und die Bücher, Hefte und das Schreibmaterial für die Schule musste man auch selber bezahlen. Klar, man gab die Bücher in der Familie weiter. Ferien hätte man auch nie gehabt, ausgeruht habe man sich am Sonntag, sagte Martha Meinen.
Die Jubilarin Martha Meinen-Minder, flankiert von Sozialvorsteherin Anna Christen und Gemeindepräsident Beat Thalmann. Stehend v.l.: Gemeindeschreiber Klaus Zihlmann; Gemeinderat Markus Kunz, Gemeindeammann Walter Grüter und Gemeinderat Urs Kiener.
Bild Peter Helfenstein